The King and his Treasures...…

Wir schreiben das Jahr 2007 und ein kleiner Italiener, der zuvor noch nie gesehen ward schaffte das Unglaubliche und besiegte den Samoan Bulldozer Umaga um dessen Gürtel bei einer RAW-Ausgabe in Italien. Gleich am nächsten Tag zierte die brennende Frage als Top-Schlagzeile die Internetplattform der Liga und stellte eben jene Frage, nach dessen Antwort die Wrestlinggemeinde dürstete: Who is the new Intercontinental Champion? Obwohl ihn in seiner Heimat Italien kaum mehr Fans kannten als in den guten alten vereinigten Staaten, feuerte man den einheimischen noch mit lauten „Santino“-Chants an – Angekommen in der amerikanischen Realität stand man nun mit einem unbekannten Gesicht vor einer riesigen Herausforderung. Da war halt dieser unscheinbare Mann, nicht wirklich erkennbares Charisma, in der Rolle des Face – und Intercontinental Champion. Spätestens seit Rocky Maivia weiß man, dass diese Kombination wie Rattengift für den Titelträger ist.

Der initiale Santino-Marella-Charakter floppte so unglaublich sensationell, dass es wirklich verwunderlich war, wie lange man ihn in seiner Rolle beließ. Santino errang einen Underdog-Sieg nach dem anderen und konnte das Gold sogar bei der ersten Night of Champions gegen seinen brutalen Vorgänger behalten. 10 lange Wochen dauerte es, bis man sich besann und dem Trauerspiel ein krachendes Ende verpasste. Irgendwo verloren in der Midcard vollzog man den Titelwechsel-Squash und mit Umaga war das Gold nun endlich wieder bei einem glaubwürdigen Titelträger. Die, wie heißt es schön auf Schäfer-Deutsch, „Samoanische Dampframme“ hatte sein Programm mit Bobby Lashley beendet und der erneute Gewinn sollte vermutlich auch ein klein wenig Wiedergutmachung sein – schließlich endete mit dem Battle of the Billionaires der über einjährige Push des ehemaligen Jamal. In den zwei Monaten seiner Regentschaft geriet der Samoaner relativ schnell mit Jeff Hardy aneinander, der nach einigen nostalgischen Ausflügen in  Tag-Team-Regionen über ein halbes Jahr aus dem Titelrennen verschwunden war. Es ergab sich, dass Hardy tatsächlich mal einen WWE’schen Drogentest bestand und sein samoanischer Fehdengegner zum Glück von Jeff durch selbigen rasselte. Ad hoc und vollkommen überraschend sicherte sich Jeff mit einem schnellen Pinfall seinen nunmehr vierten Intercontinental Title, während Umaga für ziemlich genau 30 Tage lang dazu verdammt war, seine Gegner nur noch von vor dem Fernseher anzuschnaufen.

Hardy’s Regentschaft war allerdings deutlich anzumerken, dass sie verfrüht und ohne wirkliches Konzept eingeläutet wurde. Längst hatte man viel Größeres mit Jeff vor und der Midcard-Gürtel schien ihn dabei zusehends zu behindern. So fehdete sich Jeff Hardy immer weiter in Richtung Main Event – den Intercontinental Title schleppte er stets mit, Aufmerksamkeit schenkte man diesem aber kaum. Schließlich stand nach einigen Monaten Verschleißarbeit die 24ste Ausgabe des WWE-Flagschiffs WrestleMania an und man bookte Hardy, genau, nicht in ein Intercontinental Title Match, sondern ins Money-in-the-Bank-Ladder-Match, für das er als klarer Sieger gesetzt war. Wieder einmal schien also Hardy’s Main Event Push seine Titelregentschaft zu stechen. Blöd nur, dass er beim nächsten Drogentest vergaß, sein Urin mit dem von Umaga auszutauschen und so kam es, dass man seinen Push zum gefühlten vierzehnten Mal stoppte. Aus dem MitB-Match strich man Jeff ersatzlos und den Gürtel gab man zwei Wochen vor der Show an Chris Jericho weiter – also an jemanden, der den Gürtel weniger brauchte als Steve Austin einen Fön. Der Gürtel schmückte also eine neue Hüfte, behielt jedoch seine Rolle, herumgetragen anstatt verteidigt zu werden. Bei Jeff Hardy verhinderte es der Push, bei Jericho die sensationelle Fehde mit dem Heartbreak Kid Shawn Michaels.  Der Titelverlust nach drei Monaten war ebenso nur ein kleines Gimmick dieser fantastischen Storyline, wie alle Bemühungen des vergangenen Jahres, dem Intercontinental Title zu altem Glanz zu verhelfen.

Kofi Kingston war der Glückliche, den man direkt nach seinem Trade von der ECW in den RAW-Brand das interkontinentale Gold gönnte. Kofi war Face und hatte bis auf eine wenig beachtete Fehde mit Shelton Benjamin noch nichts bei WWE vorzuweisen – schon direkt nach dem Titelgewinn sah ich die Smartmarks dieser Welt das „Rocky“ auf den alten „Die, Rocky, Die“-Schildern abkratzen, um es durch ein moderneres „Kofi“ zu ersetzen. Erwartungsgemäß blieb Kofi farblos, wenngleich er Teil des Gesichts der Neuausrichtung der Liga war. Denn zum Zeitpunkt seiner Regentschaft hielten Cody Rhodes und Ted DiBiase die Tag Team Titles, CM Punk war World Heavyweight Champion – die jungen Wilden waren an der Macht. Abseits jeglicher relevanter Storylines bandelte der mittlerweile Heel-geturnte Santino Marella mit Beth Phoenix an und es entwickelte sich ein Liebespaar. In seiner Fehde mit den Burchills freundete sich Kofi Kingston parallel mit der Women’s Championesse Mickie James an und es wurde für den 2008er Summerslam ein „Winner Takes all“-Mixed-Tag-Team Match angekündigt, bei dem sowohl Kofi’s Intercontinental als auch Mickie’s Women’s Title auf dem Spiel stehen sollten. Kofi und Mickie fehdeten zu dieser Zeit mit Paul und Katie Lea Burchill. Nur noch mal für’s Protokoll. Warum um alles in der Welt also plötzlich Santino Marella und Beth Phoenix anstelle der Engländer auf der Summerslam-Card landeten, wusste nur der Frosch. Es kam wie es kommen musste – Beth machte den entscheidenden Pinfall und das Publikum sah das, auf das sie ein Jahresgehalt gesetzt hätten, es niemals wieder zu sehen: Santino Marella’s zweite Regentschaft als Intercontinental Champion.

Obwohl das komplett surreal wirkte, war es wirklich gut gebookt. Natürlich schadete das dem Gold ungemein, aber die Segmente die daraus entstanden waren wirklich sehenswert und in meinen Augen viel mehr wert als die belanglosen Regentschaften von Chris Jericho und Jeff Hardy zuvor, bei denen das Gold eine so große Rolle spielte wie Gil bei den Simpsons. Marella schrieb sich in dieser seiner zweiten Titelregentschaft auf die Fahne, der größte Intercontinental Champion aller Zeiten zu werden. Da dies – zumindest gemessen an der bisher längsten Regentschaft – der rechtmäßige Titel des Honky Tonk Man war, begann Santino damit, sich an eben diesem zu messen. Das Honk-A-Meter war geboren, bei dem der Italiener die spärlichen Wochen seiner Regentschaft mit denen des Honky Tonk Man verglich und dabei wirklich unglaublich unterhielt. Highlight war dann gar seine Titelverteidigung beim Cyber Sunday gegen eben jenen Honky Tonk Man. Anspruch 0 Punkte. Spaß 100 Punkte. Als man schließlich entschied, eine DVD über die Titelhistorie von Marella’s Gürtel auf den Markt zu bringen, erkannte man aber wohl, dass ein Spaßgürtel vermutlich weniger Käufer locken würde, als der prestigeträchtigste Midcard-Gürtel der Liga, welches der Intercontinental Title zweifelsohne sein sollte. In einer Battle Royal ermittelte man in William Regal einen Herausforderer, der das Glück hatte, vor heimischem Publikum gegen den Champion antreten zu dürfen. Es ist vollkommen klar, dass ein Heel-Santino niemals gegen einen William Regal in Manchester verlieren würde und so kam es, dass der ehemalige General Manager seine zweite Regentschaft feiern konnte. Um den Gürtel weiter zu pushen, startete man gar ein Turnier, um Regal’s nächsten Herausforderer zu bestimmen. CM Punk war es schließlich, der, wieder in der Midcard angekommen, dem Gürtel als Gegner vom Champion William Regal zu neuem Glanz verhelfen sollte. Auch wenn man dem ganzen Wirbel nicht einmal einen Pay Per View als Bühne schenkte, so zählt am Ende doch auch hier nur das Ergebnis. Und wenn das Ergebnis heißt, dass CM Punk inmitten eines Ringes steht und einen Gürtel empor in die Lüfte hebt - ja, dann weiß man, dass es gut war.

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!